All good things come in threes | St. Kilian - weitere Anmerkungen

Auf der Website von St. Kilian findet sich ein aktuelles Interview aus der FAZ mit dem Eigentümer von St. Kilian, dem Whiskyenthusiasten Andreas Thümmler, das das Dilemma ganz gut zusammenfasst. Es beginnt mit der Behauptung „Unsere Whiskys spielen in der Champions League“ und endet mit der Realität, man verkaufe vornehmlich in Deutschland und ein wenig in Österreich und der Schweiz. Da ist die Champions League soweit entfernt wie der Oscar für das Lebenswerk von Bud Spencer. Der war eigentlich gar kein Schauspieler, St. Kilian ist aber eine amtliche Whiskydestille mit Stills von Forsyths aus Rothes – da wäre die Champions League tatsächlich Pflicht. Aber ähnliches habe ich bereits Anfang Dezember 2024 zum Spencer/Hill Tasting geschrieben.

All Good Things Come in Threes – aller guten Dinge sind Drei. Warum? Weil drei Whiskys besser sind als kein Whisky …

Andreas Thümmler ist Whiskyenthusiast – eigentlich aber Investmentbanker. Als solcher hat er wahrscheinlich den nüchternen Blick auf die wirtschaftliche Realität, die dem Enthusiasten versperrt ist. Ist es wirklich illusorisch, dass Whisky aus Deutschland gleichberechtigt neben den schottischen Marken bestehen und erfolgreich sein kann? Als Enthusiast möchte ich das nicht glauben, dem Banker geben aber wahrscheinlich die Verkaufszahlen der Bud Spencer Abfüllungen recht.

Wenn das so ist, sind natürlich meine Schlussfolgerungen und Enttäuschungen aus dem Jahresabschlusstasting völlig daneben. Die gehen nämlich immer noch davon aus, St. Kilian müsse ein international renommierter Single Malt werden, der tatsächlich in einer Liga mit den Malts der zur gleichen Zeit in Schottland neu gegründeten Brennereien spielt. Und unter diesen vielleicht irrigen Voraussetzungen nervt es mich natürlich, dass St. Kilian mit dem Mild & Fruity einen Wisky als Core Range herausbringt, der so jung und unreif ist, dass weder Harris, noch Ardnahoe oder Ballindalloch sich getraut haben, eine ähnlich junge Qualität als Inaugural Release zu veröffentlichen. Aber das ist der Whisky, der St. Kilian als Single Malt repräsentieren soll. Entsprechend stolz wurde er auch bei diesem Tasting zu Beginn  vorgestellt. Reicht das in Deutschland?

Nordhessen | © Klaus Bölling, www.boelling.de

Andererseits sollte diese Konzentration auf hoffentlich erfolgreiche, populäre Produkte den Raum lassen, die Kernmarke als international wahrnehmbaren Single Malt zu platzieren. Dazu müsste man sich aber langsam von den drei bis vier Jahre alten Whiskys  verabschieden, die einfach nur jung, flach und unreif sind. Auch die inzwischen vierzehnte Signature Edition besteht wahrscheinlich vornehmlich aus diesen Bestandteilen und zeigt meiner Ansicht nach zu wenig Weiterentwicklung zu den ersten Signature Editions. Oder konnte man gar nicht ausreichend gereiften Stock aufbauen und hat zu viel Vorrat in den jungen Abfüllungen verballert?

Ich bin irritiert, weil mich bei diesem Jahresabschlusstasting gar keine Abfüllung richtigüberzeugen konnte. Dazu fand ich sowohl die peated Solera als auch die Champagner Vin Clair Abfüllung massiv schweflig, was wahrscheinlich aber auch eines meiner persönlichen Probleme bei manchen Whiskys ist und von anderen eher nicht wahrgenommen wird. Die Mizunara Abfüllung habe ich nicht verstanden – weder geschmacklich, noch preislich.  Aber scheinbar war sie – wie die beiden anderen Abfüllungen auch – sofort ausverkauft, was ein schöner Erfolg für St. Kilian ist. Es kann also auch sein, dass mir einfach der Brennereistil nicht so liegt, obwohl es auch schon Abfüllungen gab, die ich ganz gut fand.

Vielleicht ist es am Ende gar nicht mehr das Ziel, einen international wahrnehmbaren Single Malt zu launchen und der deutsche Markt ist ausreichend. Ich würde mir andere Malts wünschen, mit reiferen Bestandteilen, die inzwischen vorhanden sein müssten, vielleicht mit etwas mehr Funk durch einen kleinen Anteil rauchigem Whisky auch in den nicht heavily peated Abfüllungen. Das würde einen zusätzlichen Aspekt und mehr Komplexität bringen. Und ganz sicher braucht man auch einen anderen Markenauftritt, der Abschied nimmt von einer Flasche, die mich eher an Pfirsichlikör erinnert und nicht mal Platz für ein wahrnehmbares Etikett hat.

Disclaimer: Die Whiskys für dieses Tasting habe ich von St. Kilian zur Verfügung gestellt bekommen. Sie sind Teil eines Tastingsets, das ich über die Pressestelle der St. Kilian Distillers kostenfrei ohne weitere Verpflichtung oder Vorteile anfordern konnte, worüber ich mich sehr gefreut habe. Herzlichen Dank dafür!

All good things come in threes | St. Kilian - weitere Anmerkungen

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