Bud Spencer & Co. | Ist St. Kilian auf der richtigen Spur?

Am 30. November veranstaltete St. Kilian ein Online-Tasting mit einigen Produkten aus der Spencer/Hill-Range. Ich hatte das Angebot, ein Set kostenlos zu bestellen, das ich gerne angenommen habe. Hohe Erwartungen hatte ich nicht, bisher konnte mich St. Kilian noch nicht wirklich überzeugen. Es gab sicherlich interessante Abfüllungen – es gab aber vor allem zu junge Enttäuschungen. Das liegt sicherlich auch daran, dass St. Kilian ja keine typisch deutsche Brennerei ist, die auf obskurem Equipment neben allerlei anderen Spirituosen auch gemälztes Getreide destilliert. Die Brennerei produziert nach schottischem Vorbild und hat amtliche Brennblasen von Forsyths. Das schürt Erwartungen.

Was sind meine Erwartungen? St. Kilian ist eine kompetente Brennerei mit kompetentem Personal. Da spielt man nicht in einer Reihe mit all den Holstein-Brennern in Deutschland, die schon mal einige Brennvorgänge brauchen, bis ein Fass voll ist. Da spielt man in einer Reihe mit den neuen Distilleries in Schottland. St. Kilian ist seit 2015 dabei. Das ist genau so lange wie die Harris Distillery und nur ein Jahr weniger als Ardnamurchan. Rassay ist erst seit 2017 dabei, Ballindalloch seit 2019 und Ardnahoe – die Distillery brennt auch seit 2017 – hat 2024 erste, stark beachtete Releases herausgebracht. Das sind die Mitbewerber, an denen St. Kilian sich messen muss. Deren Augenmerk liegt aber nicht darauf, möglichst viele obskure (sorry, zum zweiten Mal dieses Wort) Holzsorten im Lager zu haben oder Fässer irgendwo zu verbuddeln – die wollen eigenständigen, kompetenten Whisky machen, der es schafft, sich von den vielen anderen neuen Brennereien abzuheben. Und ihre Abfüllungen finden starke Beachtung und Anerkennung in der Whiskywelt.

Und St. Kilian? Sucht den wirtschaftlichen Erfolg über die Verknüpfung mit Bud Spencer und Terence Hill. Das kann für Deutschland und Italien vielleicht sogar ein guter Ansatz sein. Aber eine Zukunft wird die Brennerei doch nur haben, wenn sie auch auf dem internationalen Markt präsent wird, wenn sie eine der Distilleries wird, die Nerds kennen und hypen. Sorry – mit Trash-Italo-Western schafft man das nicht. Das kann für bestimmte Märkte wirtschaftlich interessant sein. Der Ansatz, diesen Bedarf mit gesourctem Whisky der Great Northern Distillery in Irland zu decken ist sicherlich gar nicht verkehrt. Aber der gute eigene Stoff sollte doch vornehmlich genutzt werden, die Marke St. Kilian als Whisky, der in der Liga der neuen, unabhängigen Distilleries spielt, zu etablieren. Zur Zeit dürfte St. Kilian die einzige deutsche Brennerei sein, die dazu das Zeug hat, auch wenn andere sicherlich der Meinung sind, sie könnten das auch. Sorry, St. Kilian hat das Equipment, mit dem man das kann.

© Klaus Bölling, www.boelling.de

An das Spencer/Hill Tasting bin ich mit eher niedrigen Erwartungen herangegangen, zumal mich ein vorangegangenes Tasting der Kernmarke eher enttäuscht hatte. Und trotz meiner Bereitschaft, die Whiskys zu haten, haben sie mich dann doch interessiert. Ok, der milde Terence Hill Blend aus irgendwelchem in Rumfässern gereiften St. Kilian und gesourctem Stuff der Great Northern Distillery passt zum Ansatz. So etwas sollte man nicht unter der Kernmarke verkaufen. Das fügt sich ein in das Sortiment mit Gin und Likören, die gut unter das Spencer/Hill-Thema passen.

Aber schon die rauchige Variante des Bud Spencer Whiskys ist gut – wird aber 9völlig unverständlich vermarktet. Das ist ein Single Malt, der in der St. Kilian Distillery mit kräftig getorftem schottischem Malz von Glenesk Maltings hergestellt wird. Der Single Malt wird aber gar nicht in den Vordergrund gestellt, vom Auftritt her könnte man denken, die rauchige Variante ist wie die milde Variante ein Blend mit Juice von Great Northern. Warum? Der Whisky wäre mit einem Alter von 5 – 6 Jahren, was inzwischen möglich sein sollte, ein prima Core-Range Whisky für St. Kilian.

Noch deutlicher wird das bei den beiden Sonderabfüllungen, die ja eigentlich eher Single Casks oder Single Batches sind. Warum erscheinen sie unter dem Trash-Label Spencer/Hill und nicht als wertige Abfüllungen des Labels St. Kilian? Weil St. Kilian gerade gar keinen Auftritt seiner Kernmarke hat, der besondere Bottlings interessant herausstellen kann. Die St. Kilian Flasche mag ganz nett sein und an die Brennblase erinnern – das ist aber eher uninteressant. Alle Brennblasen sehen so aus. Und leider bietet sie keinen Platz für eine aussagekräftiges Etikett, das umfassende Informationen oder ggf. auch gute Illustrationen zulässt. Dieses Design hat keine Zukunft, sorry. Natürlich weiß – oder merkt – das auch St. Kilian. Daher erscheinen alle Flaschen, bei den es um Design geht, unter dem Label von Metal Bands oder in der Spencer/Hill-Range. Nur die Kernmarke bleibt völlig unbeachtet. Leider interessieren sich die wirklichen Whisky-Nerds jenseits von Deutschland weder für Grave Digger noch für Spencer/Hill, sondern für Whisky. Also sollte St. Kilian endlich den Markenauftritt ändern.

Bei Waterford ist gerade der Ansatz, viele nerdige Abfüllung aber keine verständliche Core-Range zu haben, völlig in die Hose gegangen. Das sollte St. Kilian nicht passieren. Bei St. Kilian wird immer wieder stolz auf die weit über 300 verschiedenen Fassarten, die im Lager sind, hingewiesen. Ich brauche das nicht, mir macht das eher Angst. Und die Core-Range? Classic und Peated sind keine wirkliche Core-Range. Die Flaschen fallen mit ihrem simplen, designlosen Layout nicht ins Auge und der Inhalt ist genauso ausdruckslos, wie auch die Bewertungen in der Base zeigen. Ardnamurchan hat gerade ein neues Batch seines Sherry Cask Releases auf dem Markt, die Blogger und Vlogger überschlagen sich, das Zeug wird (zurecht!) gehypt. Der Whisky ist auch nur 5 – 6 Jahre alt, ist aber reif und interessant, wird in 0,7 l Flaschen abgefüllt und hat einen akzeptablen Preis. Warum kann St. Kilian das nicht?

Vielleicht reicht St. Kilian ja der deutsche Markt – dann sind meine Ausführungen obsolet. Sollte man aber einen europäischen Markt der unabhängigen, für Nerds interessanten Whiskymarken im Auge haben, muss St. Kilian herausfinden, wo die Marke sich positionieren will, und das Potential endlich konsequent ausspielen. Aber vielleicht kommt der große Knall mit Neu-Positionierung und Marken-Relaunch ja zum 10jährigen Geburtstag. Ich würde es mir wünschen.

Disclaimer: Die Whiskys für dieses Tasting habe ich von St. Kilian zur Verfügung gestellt bekommen. Sie sind Teil eines Tastingsets, das ich über die Pressestelle der St. Kilian Distillers kostenfrei ohne weitere Verpflichtung oder Vorteile anfordern konnte, worüber ich mich sehr gefreut habe. Herzlichen Dank dafür!

Bud Spencer & Co. | Ist St. Kilian auf der richtigen Spur?

Die nächsten Tastings gehen in den folgenden Tagen jeweils um 18 Uhr online