Whisky for Two | Das Macallan Problem

Als ich vor inzwischen auch einigen Jahrzehnten Gefallen an Whisky gefunden hatte und schmeckte, dass es durchaus Steigerungen zu Glenlivet und Glenfiddich geben kann, landete irgendwann auch eine Flasche Macallan bei mir. Wann das war? Keine Ahnung. Wahrscheinlich zu einer Zeit, als ‚Malt Whisky‘ von the late Michael Jackson das Compendium zur Information über Whiskys war. Lagavulin 16 war damals ein Spitzenwhisky, aber Macallan galt als Rolls Royce der Single Malts. An den Whisky habe ich keine Erinnerung mehr, auf der Schachtel war ein nettes Aquarell von Easter Elchies House. Vielleicht war es ein einfacher 10jähriger, denn teuer war Macallan auch damals. Seitdem hatte ich keine Flasche Macallan mehr. Warum eigentlich?

Whisky for Two – zwei Whiskys, getastet an zwei aufeinander folgenden Tagen und ein paar Gedanken über das Tasting hinaus.

Der gigantische Ruf von Macallan beruht sicherlich auf einer guten Qualität – vor allem aber auf den legendären alten Abfüllungen, die zu immer neuen Rekordergebnissen bei Auktionen (also Sotheby’s und so…) führen. Macallan hatte insbesondere einen guten bei Sherry-Abfüllungen, als diese noch nicht aus glattgebügelten seasoned Casks kamen – dafür aber mit Paxarette aufgepimpt wurden. Macallan ist es gelungen, diesen Ruf zu konservieren und auszubauen. Macallan war der Whisky für die Reichen, Rolls Royce eben. Der war auch nie das beste Auto – aber teuer, nobel und ein Statement.

New Macallan Distillery, Speyside | © Klaus Bölling, www.boelling.de

Whiskys, die noch irgendwie bezahlbar blieben, verloren ihr Age Statement und statt Angabe der verwendeten Fässer erhielten sie obskure Farbnamen. Spätestens da änderte sich meine preisbedingte Nichtbeachtung in tiefe Verachtung. Das dürfte bei vielen Nerds ähnlich sein – aber die Nerds waren auch nie die Zielgruppe von Macallan. Das zeigt auch die neue Brennerei, die eine großartige Architektur hat, mich tatsächlich fasziniert – aber mein Whiskyherz nicht erreicht hat. Das ist nobel, beeindruckend und toll, ein Besuch lohnt sich auf alle Fälle. Es ist ein wenig wie im Kunstmuseum: Man bestaunt die Werke, man bestaunt die Räume – aber natürlich entstehen hier nicht die Kunstwerke. Und so konnte auch ich mir kaum vorstellen, dass hier die 15 Mio LPA hergestellt werden, die Macallan produzieren kann.

Old Macallan Distillery, Speyside | © Klaus Bölling, www.boelling.de

Die Brennerei mit ihren im Kreis angeordneten Brennblasen sieht nicht aus wie eine working Distillery, aber natürlich wird der Macallan hier hergestellt. Das alte Still House, das so aussieht, wie man sich ein Still House vorstellt, ist stillgelegt. Macallan ist die Single Malt Distillery mit der drittgrößten Kapazität – mit noblem Spirit hat das wenig zu tun, hier dürften auch Malts entstehen, die in den Blends der Edrington Group wie z. B. Famous Grouse untergehen. Und die eigentlichen Single Mals von Macallan? Interessieren mich weiterhin überhaupt nicht. Unbezahlbare Age Statements, NAS Whiskys mit irgendwelchen Stories, die den überhöhten Preis rechtfertigen sollen – Whiskys für Poser …

Easter Elchies House, Macallan Distillery, Speyside | © Klaus Bölling, www.boelling.de

Manchmal gibt es dann unabhängige Abfüllungen, die interessant scheinen. In diesem Tasting ist es eine Speymalt Abfüllung von Gordon &MacPhail. Die Speymalts waren zeitweise die einzigen unabhängigen Macallans, die den Namen tragen durften und damit wurden auch sie unbezahlbar. Dieses Sample einer alten Abfüllung war bezahlbar und landete daher im Glas. Die andere Abfüllung aus der Reihe Scotch Universe von Michel Reick trägt nicht den Brennereinamen, kann aber als Macallan indentifiziert werden. Offiziell bekanntgegeben wird das natürlich nicht.

Die Erkenntnis aus dem Tasting? Macallan macht Whisky, mal brauchbar gereift, mal nicht so gut. Es ist also wie beim Rolls Royce: Im besten Falle fährt er.