Five in a Row | Wo geht's hin Kilchoman?
Am 10. Mai 2024 hat Kilchoman einen fast 20 Jahre gehaltenen Status verloren. An diesem Tag hat Ardnahoe sein mit einen Age Statement von 5 Jahren gekennzeichnetes Inaugural Release auf den Markt gebracht. Das ist eine klares Ansage, denn in der Core Range von Kilchoman sucht man Age Statements eher vergeblich. Kilchoman ist als kleine Farm Distillery gestartet, hat aber massiv erweitert und ist laut Malt Whisky Yearbook bei einer Kapazität von 650.000 LPA angekommen. Bei Ardnahoe werden 1 Mio. LPA angegeben.
Dazu kommt demnächst Port Ellen. Okay, können wir ignorieren, die entwickeln sich eher in die unbezahlbare Luxusnische. Aber bald kommt Portintruan von Elixir. Und dann irgendwann Gartbreck von Pernod Ricard. Und die werden nicht auf Nische machen, die werden angreifen. Was wird dann aus Kilchoman?
Heute agiert Kilchoman recht angenehm in einem Umfeld von Weltkonzern-Distilleries, die selbst in ihre besseren Abfüllungen unter Umständen Farbe kippen. Und natürlich stärkt jeder Tropfen E 150a, den Laphroaig in seine Whiskys kippt die Credibility von Kilchoman. Aber auf der anderen Seite bringt Laphroaig seit einigen Jahren eine von den Nerds geliebte 10jährige Cask Strength Edition, selbstverständlich gefärbt auf den Markt. Und Kilchoman hat einen Cask Strength Machir Bay, der vor allem jung ist.
Aber Kilchoman konkurriert nicht nur mit den etablierten und den kommenden Distilleries. Kilchoman konkurriert auch mit den undisclosed Single Malts von Islay, die meist auch ohne Alter erscheinen. NAS Loch Gorm kostet 2024 bereits an die 90 € – für die Hälfte erhält man einen ebenfalls ohne Alter abgefüllten Scarabus von Hunter Laing aus einer Sherry Edition (noch nicht verkostet …).
Was hat die Wills Family vor, was sind die Pläne für Kilchoman? Wie will sich die Distillery gegen die zunehmende Konkurrenz auf Islay platzieren? Das Alleinstellungsmerkmal der neuen, unabhängigen Distillery ist nicht mehr vorhanden. Aber was kommt jetzt? Will man den Status halten, muss man jetzt handeln und den Altersfaktor ausspielen, sich mit klaren Age Statements auch im bezahlbaren Bereich der Core Range präsentieren. Mehr denn je wird ein klares Profil wichtig, denn die neuen Distilleries haben auf jeden Fall den Neugierfaktor auf ihrer Seite. Und Ardnahoe und Portintruan gehören unabhängigen Abfüllern, die können das Spiel mit integren ungefärbten und nicht kühlgefilterten Abfüllungen auf jeden Fall spielen.
Kilchoman ist nicht länger die neue Distillery auf Islay. Sie ist aber nach wie vor die unabhängige, familiengeführte Farm Distillery. Hier wird sie aber nicht die Rolle von Springbank in Campbeltown spielen können, denn 100% Islay ist nur ein Teil der Range. Der Rest muss mit zugekauftem Industrie-Malz bestritten werden. Das ist auch kein Problem, wenn Kilchoman es schafft, hier in eine klare Kommunikation zu kommen. Denn mit der geplanten Ili Distillery in der Nähe von Port Charlotte kommt eine Farm Distillery, die wahrscheinlich nur mit eigenem Malt arbeiten will.
Aus meiner Sicht hat Kilchoman zwei Möglichkeiten. Entweder schafft man den Sprung von der Newcommer-Distillery zu einer etablierten Islay-Institution. Das bedingt bezahlbare Whiskys mit Age Statement in der Core Range. Ein 16jähriger für über 200 € ist da sicherlich nicht unbedingt zielführend. Oder man baut darauf, die Distillery für die Übernahme durch Investoren oder einen Konzern vorzubereiten. Dann ist es vielleicht klug, in den Wettstreit mit Ardbeg um die überteuertste Hypeflasche für Sammler einzutreten. Ist auch ok – den Nerds bleiben dann ja Ardnahoe und Portintruan … Obwohl – nein, wäre nicht ok, es wäre erbärmlich, denn Kilchoman ist eine tolle Distillery mit enormen Chancen in einem Whiskymarkt, der sich wandeln wird. Und zum Glück gibt es derzeit auch keine Zeichen in die Richtung Verkauf.