Five in a Row | Tullibardine - ein wenig unterschätzt?
Die Tullibardine Distillery liegt direkt an der A 9 zwischen Stirling und Perth – da fahre ich aber immer eilig vorbei auf dem Weg in die für mich interessanteren Regionen weiter nördlich. Aber irgendwann werde ich mal halten und dort vorbeischauen. Im Gegensatz zu vielen alten Destillen in idyllischen Tälern, die wir als Whiskyromantiker immer vor Augen haben, sieht man hier eine Gewerbeimmobilie mit wellenförmigem Dach, in der sich zeitweise auch ein Einkaufszentrum befand, dessen Räume inzwischen aber auch von der Distillery genutzt werden. Das ist alles schwer in Einklang zu bringen mit der Jahreszahl 1488, die groß auf dem Gebäude prangt.
Tullibardine gehört heute dem französischen Weinhändler Picard Vins & Spiritueux, dessen Spirituosenmarken unter der Tochterfirma Terroir Distillers zusammengefasst sind, die Tullibardine 2011 gekauft hat. Die haben im übrigen gerade auch die Connacht Distillery in Irland gekauft. Zuvor gehörte Tullibardine u. a. Invergordon, die 1993 von Whyte & Mackay übernommen wurden. Nach dieser Übernahme wurde Tullibardine unmittelbar geschlossen. 2003 wurde die Distillery von einem Konsortium verschiedener Investoren übernommen, die einen Teil der Gebäude zur Entwicklung eines Einkaufszentrums verkauften. Der Erlös wurde in die Wiedereröffnung der Brennerei und in Fässer investiert, in die die übernommenen Lagerbestände aus eher schlechten Fässern umgefüllt wurde. 2011 wurde dann die Brennerei an Terroir Distillers verkauft.
Terroir Distillers haben über ihre Mutterfirma Picard Vins & Spiritueux sicherlich Zugriff auf die verschiedensten Weinfässer, so dass es von Tullibardine immer wieder Nachreifungen in interessanten Weinfässern gibt. Trotzdem ist Tullibardine irgendwie unter dem Radar. Die Core Range mit einigen Abfüllungen ohne Altersangabe, die Nummern tragen, welche auf das Volumen der Fässer zurückzuführen sind, finde ich eher uninteressant. Es gibt Age Statements von 15, 18 und 20 Jahren, die mit 43%vol. abgefüllt sind, was ihre Attraktivität für Whisky Nerds schmälert. Interessanter sind da schon die Abfüllungen ‚The Murray‘ der Marquess Collection, in der man oft schöne Nachreifungen mit Altersangabe findet.
Und was ist jetzt mit der Jahreszahl 1488? Da hat King James IV of Scotland hier in Blackford Station gemacht und in der örtlichen Brauerei Bier geordert. Laut Brennerei-Website ist das einer der ersten erhaltenen Nachweise für einen offiziellen Ankauf von Bier. Hat aber mit Whisky nichts zu tun. Dieser King James IV of Scotland hat aber 1494 den Mönch John Cor in Lindores Abbey damit beauftragt, acht Ballen Malz in Aqua Vitae zu verwandeln – der erste Nachweis von ‚Whisky‘. In Blackford selbst gab es erst später eine Distillery, die aber auch mit der heutigen Tullibardine Distillery nichts zu tun hat.
Diese wurde 1947 gebaut und war der erste Neubau einer Distillery seit 1900. Das ist auch eine gute Geschichte, aber die mit dem König ist spektakulärer und Bier ist das Ausgangsprodukt für Whisky. Also macht die 1488 mehr her als 1947.