Five in a Row | 100 Proof - 100% Quality?
Signatory Vintage mischt den Whiskymarkt gerade so ein bisschen auf – zumindest den deutschen Markt, so wie er von den Whisky-Bloggern widergespiegelt wird. Ich habe keine Ahnung, ob man die neuen Serien auf dem internationalen Markt überhaupt wahrnimmt und bekommt. Die Wahrnehmung auf dem deutschen Markt hat sicherlich auch mit André Haberecht zu tun, einem Whisky-Blogger der ersten Stunde, der den Sprung vom Blogger zum Profi in der Whiskyindustrie geschafft hat. Dort war er zunächst bei Kirsch Import – und ist von dort zu Signatory Vintage gewechselt, dem unabhängigen Abfüller aus Pitlochry in den Highlands, wo er so etwas wie der First Minister nach Andrew Symington war. Inzwischen ist André nicht mehr in Schottland, sondern wieder zurück in Deutschland. Aber nach wie vor lohnt es sich, seinen Youtube-Kanal Whisky Tales anzuschauen.
Haberecht hat einen hochinteressanten Kanal bei Youtube. In den Whisky Tales gibt er Einblicke in das Business, die es so bisher nicht gegeben hat. Da es ein deutschsprachiger Vlog ist, wird er natürlich vor alle im deutschsprachigen Raum wahrgenommen. Und darum macht hier eine neue Serie Furore: Die 100 Proof Edition. Für Signatory ist sie eine Antwort auf eine aus Haberechts Sicht beginnende Krise in der Whiskyindustrie, die zu steigenden Vorräten in den Warehouses bei sinkendem Absatz aufgrund zu hoher Preise führt. Indizien dafür sind zum Teil massive Rabattaktionen, um Whisky an die Kunden zu bringen.
Diageo, einer der großen Preistreiber am Markt, hat die Preise vieler Standardabfüllungen massiv in die Höhe getrieben – nur um die gleichen Abfüllungen kurz später zu Schleuderpreisen bei den Discountern anzubieten, wie z. B. Talisker 10 bei Aktionen zu Weihnachten aber auch dieses Jahr Ostern.
Signatory mischt den Markt mit einer neuen Serie auf. Die 100 Proof Edition soll qualitativ hochwertige Whiskys, die nicht als Einzelfass, sondern als kleines Batch aus ein paar Fässern mit der alten Stärke von 100 Imperial Proof – also 57,1%vol. – abgefüllt werden, zu einem niedrigen Preis von unter 50 € auf den Markt bringen. Die Wirtschaftlichkeit möchte man mit der Mischung der Abfüllungen erreichen, die mal jünger und mal älter sind. Und man setzt auch nicht nur auf die schwerer zu vermarkteten Distilleries der zweiten Reihe – es wird auch Caol Ila, Blair Athol oder Highland Park abgefüllt.
Signatory geht dabei nicht zurückhaltend vor. Innerhalb kurzer Zeit sind mehr als 15 verschiedene Abfüllungen erschienen. Die Serie wird am Markt also wahrgenommen und wohl auch gekauft. Zusätzlich erscheinen vermeintlich höherwertige, ältere Abfüllungen unter dem Label 100 Proof Exceptional Cask.
Natürlich stellt sich die Frage, wie günstig die Preise wirklich sind. Unter den derzeitigen Bedingungen ist die normale Serie verglichen mit einigen anderen Abfüllungen schon sehr günstig. Allerdings ist sie eher in dem Bereich, der vor wenigen Jahren noch normal war und der für viele Whisky-Nerds wie auch mich noch immer der Preis ist, zu dem wir einen Trinkwhisky ohne inneres Aufstöhnen kaufen würden. Das gilt dann nur noch bedingt für die Exceptional Casks, die um die 80 € kosten. Sie sind älter – aber nicht immer ist klar verständlich, welche Abfüllung un welcher Edition erscheint. Da gibt es Abfüllungen inder normalen 100 Üroof Edition, die ich weitaus besser fu´inde, als manches Exceptional Cask.
Die Serie zeigt auch, dass viele Whiskys heute zu Preisen angeboten werden, die vielen Kunden nur schwer zu vermitteln sind. Caol Ila, 16 Jahre, unabhängig abgefüllt als exklusives Bottling für zwei deutsche Whiskyhändler für 160 €? Das kann man sich mit der Formel 10 € pro Jahr irgendwie schönrechnen – als Käufer bin ich da allerdings schon lange draußen.
Ich weiß nicht, welcher Weg sich durchsetzen wird und wie lange die 100 Proof Edition angeboten werden kann. Vielleicht ist es daher gar nicht dumm, sich ein paar der guten Flaschen ins eigene Lager zu stellen – auch wenn das bei vielen Nerds ähnlich überfüllt sein dürfte wie die Warehouses der Produzenten.
