Whisky for Two | Islay - elegante Smoker und stinkige Biester

Whisky for Two – zwei Whiskys, getastet an zwei aufeinander folgenden Tagen und ein paar Gedanken über das Tasting hinaus.

Wer mal auf Islay war, möchte dort auf jeden Fall wieder hin. Weil es einem aber an fast jedem Ort in Schottland so geht, schafft man es am Ende doch eher selten, den Traum in die Realität zu holen. Umso besser, dass es reichlich Whisky von der Insel gibt, um zumindest von Zeit zu Zeit verträumt mit dem Glas in der Hand da zu sitzen und zu träumen, man sitze oberhalb der Hafenbucht von Portnahaven und aus den kleinen weißen Häusern wehe der Rauch des Torffeuers im Kamin über die Bucht.

Die beiden Pole der Whiskyproduktion auf der Insel sind die Nordküste mit den großen Brennereien Caol Ila und Bunnahabahin und die Südküste mit den drei Ikonen Laphroaig, Lagavulin und Ardbeg. An beiden Küsten wird weiter gebaut – Ardnahoe hat sich zwischen Caol Ila und Bunnahabhain gedrängt ist bereits fleißig am Destillieren und hat den ersten Whisky fertig, Port Ellen ist da wo die Brennerei immer war – hat jetzt aber wieder Pot Stills und bekommt am anderen Ende des Städtchens Konkurrenz von Portintruan, der neuen Destillerie von Elixir Distillers. Islay boomt und so wird auch in Zukunft genug Whisky für die Träume von der Hebriden Insel an der Westküste bleiben.

Während an der Südküste die heftigeren, legendären Whiskys entstehen, ist der Rauch der Nordküste etwas milder und aschiger. Oder bei Bunnahabhain teilweise gar nicht vorhanden. Caol Ila und Ardbeg könnten also zwei Antipoden in der Welt der rauchigen Islay Whiskys sein – die Verächter dieser Whiskys werden beide scheußlich finden. Und Islay Fans freuen sich, dass es für verschiedene Tage und Anlässe unterschiedliche Whiskys gibt – Hauptsache, es qualmt.

Caol Ila ist die mit Abstand größte Distillery auf der Insel, auch nach der Aufstockung um ein zweites paar Pot Stills bei Ardbeg und der Ausweitung der Kapazität um 1 Mio Liter auf jetzt 2,4 Mio Liter Alkohol im Jahr produziert man dort nicht viel mehr als ein Drittel der 6,5 Mio Liter von Caol Ila. Viel Whisky von Caol Ila verschwindet in den Blends und trotzdem erscheinen recht häufig Abfüllungen bei unabhängigen Abfüllern. Caol Ila ist stark gefragt in den letzten Jahren.

Port Ellen, Kilnaughton Bay, Isle of Islay | © Klaus Bölling, www.boelling.de

Bei Ardbeg wiederum hat man vom Mutterkonzern LVMH gelernt. Dort wird eine stinknormale Tasche auch dreimal so teuer, wenn das Louis Vuitton Label groß genug darauf prangt. Das klappt auch bei Whisky, wie Ardbeg jedes Jahr aufs Neue beweist. Weil auf der anderen Seite aber auch alle Nerds nach Whisky mit Altersangabe rufen, man in den nächsten Jahren aber durch die Erweiterung vermehrt jungen Stoff hat, macht man bei Ardbeg aus der Not eine Tugend, füllt Whisky mit fünf Jahren ab und schreibt das selbstbewusst auf’s Label und verkauft das kleine Monster unter eben diesem Namen zum ehemaligen Preis des 10jährigen, den man dann teurer macht. Warum? Weil man es kann!

Die beiden Whiskys dieser Ausgabe von Whisky for Two sind beide typisch Islay mit typischen Raucharomen. Und doch sind sie verschieden: Der Ardbeg ein junger Raucher, der keinen Hehl daraus macht, ein stinkiges Biest sein zu wollen. Und das auch mit der entsprechenden Nachhaltigkeit umsetzt. Der Rauch trägt hier auch dazu bei, dass er nicht langweilig bitter und jung ist, sondern interessant und lecker.

Der Caol Ila ist im Ansatz sicher ähnlich, auch er ist noch ein wilder Vertreter der Insel. Er hat aber mehr Reife, ist doppelt so alt und durch das Rotwein-Fass eleganter und komplexer. Das wird dann auch im Preis spürbar. Aber natürlich ist auch er total lecker. Vielleicht genießt man ihn gemütlich vor dem Ardbeg, der dann zum Ende des Abends nochmal eine ordentliche Prise vom Meer über die Insel fegt.

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