Whisky Week | St. Kilian - deutscher Whisky?

Whisky aus Deutschland findet in diesem Blog nur sehr am Rande statt. Das hat zwei Gründe: Ich habe ein massives Faible für Schottland. Und ich habe bisher noch keinen Zugang zu deutschem Whisky gefunden. Das liegt vielleicht auch daran, dass die Kategorie ‚deutscher Whisky‘ schwer zu fassen ist. Da sind noch immer die Obstbrenner, die Getreidemaische durch ihre Brennanlage jagen und Gerstler machen, da sind inzwischen viele ambitionierte Brennereien, die tatsächlich Whisky machen – die Resultate sind aber wesentlich diverser als in Schottland mit den recht engen Festlegungen der SWA. Es gibt eine fast unüberschaubare Zahl von Brennereien, die in Deutschland Whisky brennen. Aber es gibt nur wenige, die das in großem Stil auf relevanten Brennanlagen machen. Und die relevanteste ist wahrscheinlich St. Kilian in Franken.

Ich habe in der Überschrift bewusst ein Fragezeichen hinter ‚deutscher Whisky‘ gesetzt. Erstens ist die Frage, was ist deutscher Whisky? Und zweitens ist die Frage, will St. Kilian überhaupt deutschen Whisky produzieren? Schaut man sich die Websites deutscher Brennereien an, kann man viel lesen über Qualität, Anspruch etc. Was man oftmals nicht sieht, sind detaillierte Fotos der Brennanlage. Denn die ist meist eher klein und hat wenig mit dem zu tun, was die Whisky-Nerds aus Schottland kennen. Als Nerd möchte ich inzwischen aber wissen, wie eine Brennerei arbeitet. Wird die Maische geläutert, wie und wie lange wird vergoren, auf welchen Anlagen wird gebrannt? Viele der bunt bebilderten Websites deutscher Whiskybrennereien verraten das leider nicht.

Das ist bei St. Kilian anders. Hier stehen zwei amtliche Pot Stills. Aus Schottland. Von Forsyths aus Rothes. Und es gibt Washbacks aus Oregon Pine. Da schlägt das Nerd-Herz höher, denn ich glaube, der Whisky, den wir aus Schottland kennen, braucht eine gewisse Größe der Pot Stills und kommt nicht aus Anlagen, in denen das Destillat im Edelstahleimer aufgefangen wird und man schon mal eine Woche produzieren muss, um ein kleines Fass zu füllen.

Nicht Franken, sondern Frühling in Nordhessen ... | © Klaus Bölling, www.boelling.de

Eine gute Distillery braucht natürlich auch eine gute Geschichte. Bei St. Kilian hat man drei irische Mönche aufgetan, die im 7. Jahrhundert missionierend durch das Frankenland marodiert sind. Klar, dass der irische Mönch an sich auch etwas mit dem Wasser des Lebens zu tun hat. Aber natürlich gibt es in Wirklichkeit keine fränkische Whiskytradition. Dort wo es Mönche und Klöster gab, wurde wahrscheinlich auch immer destilliert – irgendeinen Sinn musste es ja haben, Mönch zu werden. Also vergessen wir mal die drei Mönche.

Viel besser ist doch die Geschichte von einem erfolgreichen Investmentbanker und Whiskysammler, Andreas Thümmler, der sich überzeugen lässt, in seinem abgelegenen fränkischen Heimatort Rüdenau eine leerstehende Textilfabrik zu kaufen, um zu verhindern, dass in dem idyllischen 600-Seelen-Dorf ein Recyclingwerk entsteht. Thümmler kannte bereits David F. Hynes, eine irische Whiskylegende, der zusammen mit John Teeling als Master Distiller in der Cooley Distillery gearbeitet hat und später – nach St. Kilian – ebenfalls mit Teeling die Great Northern Distillery in Dundalk aufgebaut hat.

Auf jeden Fall sollen sich die beiden bei der InterWhisky 2011 in Frankfurt getroffen haben und hernach bei einem Lagerfeuer in Rüdenau bei guten Tropfen aus Thümmlers umfangreicher Sammlung versackt sein. Da war also viel Whisky im Spiel und ganz nebenbei wurde die größte deutsche Whiskydestille in der leerstehenden Textilfabrik geplant. Und es war wohl so viel Whisky im Spiel, dass sich Thümmler an die Planungen erst wieder erinnerte, als sich die Kupfrschmiede Forsyths aus Rothes melde, um die Anzahlung für zwei Pot Stills und das Brennerei Equipement einzufordern. Erst da dämmerte Thümmler, dass er irgendetwas mit David F. Hynes besprochen hatte. So hat es Thümmler zumindest mal erzählt und das ist ganz sicher auch die bessere Story als die von irgendwelchen vergangenen Mönchen. Und auch wenn es wahrscheinlich in Wirklichkeit weniger wild war – seit 2016 produziert St. Kilian auf zwei 6.000 l Pot Stills von Forsyths mit klassischem schottischen Equipment Whisky in Rüdenau.

Nicht Franken, sondern Frühling in Nordhessen ... | © Klaus Bölling, www.boelling.de

Noch sind die Abfüllungen von St. Kilian jung – für mich zu jung. Aber man baut Vorräte auf und nähert sich sicherlich dem Zeitpunkt, an dem auch relevate Whiskys mit höherem Alter auf den Markt gebracht werden können. Denn Ziel von St. Kilian dürfte nicht die Produktion von deutschem Whisky sein, sondern von Whisky, mit dem sie auf dem internationalen Whiskymarkt mitmischen können. Und spätestens ab diesem Zeitpunkt wird der Whisky von St. Kilian wirklich interessant.

Die sieben Abfüllungen dieser Whisky Week stammen aus einem Online-Tasting am 9. März 2024, bei dem neben drei bereits bekannten Abfüllungen auch vier Neuerscheinungen der Destillerie vorgestellt wurden.

Fazit

Ich habe am Ende ein etwas ernüchterndes Fazit. Die Brennerei experimentiert mit einer Vielzahl von Fässern, trotzdem sind die Ergebnisse oft etwas eindimensional mit wenig Komplexität. Das liegt natürlich am fehlenden Alter. Vielleicht setzt man aber auch zu sehr auf die vordergründigen Aromen. Das Small Batch aus ungarischer Eiche ist so ein Beispiel. Sicherlich wird der Whisky vielen gefallen, die Spaß an direkten, starken Aromen haben. Ich mag die schottischen Whiskys gerade dafür, dass sie meist nicht auf die volle Holzfracht frischer Eiche setzen, sondern subtilere Aromen suchen. Subtil war eigentlich keiner der Whiskys. Für die Zukunft erhoffe ich mir interessante Whiskys aus der Solera. Und vielleicht kommen mit dem Alter dann auch relevantere Abfüllungen. Sorry, ich hatte von mir mehr Begeisterung erwartet …

Disclaimer: Die Whiskys für dieses Tasting habe ich von St. Kilian zur Verfügung gestellt bekommen. Sie sind Teil eines Tastingsets, das ich über die Pressestelle der St. Kilian Distillers kostenfrei ohne weitere Verpflichtung oder Vorteile anfordern konnte, worüber ich mich sehr gefreut habe. Herzlichen Dank dafür!

Whisky Week | St. Kilian - deutscher Whisky?