Whisky Week | Craigellachie | Speyside mit Funk
Manche Whiskys haben diesen besonderen Moment im Aroma, die Kante, die den Whisky interessant macht, den leichten Schmutz. Funk ist eigentlich ein guter Begriff, um diesen Aspekt zu beschreiben. Craigellachie hat diesen Funk, die Whiskys ragen aus der Masse der Speysider hervor. Insgesamt hebt sich die zum Bacardi Konzern gehörende Brennerei ab. So richtig optisch was her macht die Distillery im kleinen Örtchen Craigellachie nicht. Ein Besucherzentrum gibt es nicht, Touren gibt es vielleicht ausnahmsweise beim Speyside Festival. Und doch hat sich Craigellachie zu einem der interessantesten Malts der Speyside entwickelt – und zu einem meiner Lieblingsmalts.
Auf den gegenüber des Örtchens liegenden Hügeln erblickt man die riesigen Warehouses von Macallan, fast etwas bedrohlich sehen sie aus. In gewisser Weise ist Macallan auch das Gegenteil von Craigellachie, der überteuerte, snobistische Massenmalt, bei dem es inzwischen hauptsächlich ums Image geht. Craigellachie ist bodenständig und passt gut in das verschlafene kleine Dorf an der Straße nach Dufftown.
Craigellachie produziert keine fein zisselierten Speyside Malt, sondern Whisky, der körperreich und malzig ist, mit Aromen, die als fleischig umschrieben werden, was eine blöde Beschreibung für ein veganes Produkt ist. Es ist eben der Funk, der aus schwefligen Verbindungen resultiert, die während der Destillation nicht katalytisch abgebaut wurden. Wenig Reflux bei der Destillation und traditionelle Worm Tubs statt Shell and Tube Condensors sorgen für geringeren Kupferkontakt und mehr Schwefel im Destillat. Im Gegensatz zum Schwefel, der beim Ausräuchern der Fässer zugesetzt wird und für eklige Fehlaromen sorgt, gibt dieser schweflige Funk dem Whisky einen besonderen Charakter und eine Wiedererkennbarkeit.
Das hat Craigellachie zu einem begehrten Whisky für die Blends gemacht. 1891 startete die Produktion, einer der Eigentümer war Peter Mackie, der die Brennerei 1916 vollständig übernahm. Zu seinen Whiskys gehörte der auch heute noch von Diageo vertriebene White Horse Blended Scotch. Die White Horse Distillers wurden 1926 von der Distillers Company Ltd. gekauft, die wiederum 1986 von Guinness übernommen wurden und nach weiteren Übernahmen in den United Distillers & Vinters (UDV) aufging. Alles zusammen wurde dann Diageo, der weltgrößte Spirituosen und Getränkekonzern.
Während die Marke White Horse bei UDV und damit bei Diageo blieb, musste der Konzern aus kartellrechtlichen Gründen Destillerien abgeben. Und so übernahm Bacardi 1998 die Firma John Dewar & Sons mit ihren Blends und den Brennereien Craigellachie, Aberfeldy, Royal Brackla und Aultmore. Zu John Dewar & Sons gehört auch Macduff, die Distillery kam bereits 1993 durch die Übernahme von Martini zu Bacardi. Craigellachie blieb jedenfalls das Schicksal erspart, einer der glattgebügelten Konzernwhiskys von Diageo zu werden.
Scheinbar lässt es Bacardi zu, dass sich die Brennereien individueller entwickeln können. Craigellachie hat eine schöne Core Range, verzichtet weitgehend (es ist nicht immer transparent angegeben) auf Färbung und Kühlfilterung, gibt das Alter an und füllt mit 46%vol. ab. Neben dem 13jährigen und dem 17jährigen gibt es inzwischen auch ältere Abfüllungen, deren Preise allerdings keinen Spaß mehr machen.
Gut vertreten ist Craigellachie auch bei den unabhängigen Abfüllern, so dass ein breites und interessantes Angebot an Abfüllungen auf dem Markt erhältlich ist. Im besten Falle sorgt der Funk auch bei diesen Abfüllungen für eine Wiedererkennbarkeit der Whiskys.