Caol Ila | 12 Jahre | A Dream of Scotland
1934 PX Sherry Butt | 56,6%vol. | Fairytale Series 'Hänsel' | 2021
Nach der großen Enttäuschung durch einen 26jährigen Big Peat (der wahrscheinlich auch von Islays Nordküste stammt), zu einem Caol Ila von Marco Bonn, der nicht einmal halb so alt aber vielversprechender ist. Das Alter ist nicht spektakulär – die Nachreifung für 13 – 14 Monate, so zumindest die Angabe von Marco Bonn im Video, in einem Sherry-Fass aus dem Jahr 1934 schon.
Nosing
An der Nase kommt alles, was von einem guten Caol Ila zu erwarten ist: Süße, Reife, schöner, warmer, aschiger Rauch. Das ist geräucherter Butterscotch, das ist ein warmer Nachmittag am Sound of Islay und die Paps of Islay auf der benachbarten Isle of Jura gühen in der Sonne. Müsste man mal wieder erleben …
Hinten in der Glut sind auch noch ein paar Muschelschalen und eine Prise Salz, verglühen aber auch recht sauber und schön. Im Nachbarglas ist noch ein Schluck Big Peat, der mit 26 Jahren grasige Birnenaromen zeigt. Der Caol Ila hat nach nur 12 Jahren reife Früchte und feine Kräuter.
Taste
Das ist wieder so ein Whisky, der über 56%vol. Alkohol hat und nicht brennt oder prickelt, sondern satt und smooth über die Zunge fließt, Süße, Rauch und Fruchtaromen hinterlässt, die man gar nicht auseinanderpflücken möchte, sondern einfach genießt. Das ist ein Kräuterbonbon, das mit viel Honig über einem rauchigen Holzfeuer gekocht wurde. Das alte Fass hält sich bedeckt – aber die modrigen Bitterstoffe hat es in den Jahren ja längst an irgendwelche bitteren Sherrys in den 1940er Jahren verloren. Jetzt bewahrt es noch die Erinnerung an süße Sherryfrüchte und mildert Feints, die mich beim originalen Caol Ila manchmal stören.
Finish
Der Whisky endet durchaus auf der süßen Seite mit Fruchtkonfitüre. Es ist aber eine rauchige Konfitüre, in der neben den Fruchtstücken auch ein paar Bröckchen Holzkohle vorhanden sind, die zwischen den Zähnen knirschen.
Conclusion
Ok, ich mag viele der Brühler Etiketten. Dieses nicht. Es ist kitschig und keine gute Illustration. Das ist aber wurscht – denn es hat nix mit dem Whisky zu tun.
Und der ist eine Schönheit! Das Alter des Fasses weckt vielleicht ein paar falsche Erwartungen: Holzlastigkeit ist hier nicht vorhanden. Aber das ist ja genau der Grund, warum die Bodegas ihre alten Fässer nur ungern hergeben, sie brauchen keine Holzlast im Sherry. Und so überwiegt hier auch eine fruchtige Süße, die aber trotzdem reif und ausgewogen ist. Das ist ein harmonischer Feiertagswhisky – aber eben mit einer Harmonie des Nordens, einer Ausgewogenheit der Atlantic-Küste. Einer der Whiskys bei denen es schade ist, nur ein Sample zu haben …
Caol Ila Distillery
founded: 1846 | Region: Islay
Owner: Diageo
Capacity: 6.500.000 litres
Quelle: Ingvar Ronde, Malt Whisky Yearbook 2021
Die größte Brennerei der Isle of Islay produziert für die Blend aber auch eine eigene Range und wird zunehmend gehypt.
Inzwischen finden sich viele gute Abfüllungen bei den unabhängigen Abfüllern.
Das Brennhaus wurde Anfang der 1970er Jahre neu gebaut und hat eine große Fensterfront vor den Brennblasen, durch die man über den Sound of Islay zur nahen Nachbarinsel Jura blickt.
Brühler Whiskyhaus
Das Brühler Whiskyhaus ist durchaus ein eigenständiger deutscher unabhängiger Abfüller. Marco Bonn hat eigene Fässer, die in Schottland lagern und die er individuell finisht und reift. Er ist also nicht nur auf Broker angewiesen, sondern kann auf eigenen Stock zurückgreifen. Das führt zu eigenständigen und interessanten Abfüllungen, die über eine verschworene Internet-Community schnell vergriffen sind und – sicherlich auch aufgrund der eigenständigen, manchmal provokativen Label – stark gehypt werden. Gute Abfüllungen!