Port Charlotte | aged 13 years | A Dream of Scotland

54,3%vol. | bottled 2022 | Bruichladdich Distillery | Italian Red Wine Finish | Brühler Whiskyhaus | Einhorn

un-chillfiltered

chillfiltered

natural colour

coloured

un-peated

peated

cask strength

Single Cask

Port Charlotte vom Brühler Whiskyhaus – da hat es einige interessante Abfüllungen gegeben. Auch dieser ist von den Ausgangsdaten interessant: Ein Teil reifte im Refill Bourbon Barrel, ein anderer in 2nd Fill Sherry Hogshead, beide Teile wurden dann in einem italienischen Rotweinfass vermählt und für 15 Monate gefinisht. Insgesamt ist der Whisky 13 Jahre alt und hat eine schöne goldene Farbe mit rötlichem Schimmer.

Nosing

Port Charlotte hat immer einen leicht modrig-feuchten Rauch mit glimmendem Seetang, der auch hier in der Nase sofort gegenwärtig ist. Dazu kommt Pfirsicheistee mit aufgelösten Kräuterbonbons, Holz ist da, wenig Süße, dafür eine herbe Rotweinnote. Das alles ist relativ entspannt und leicht, der Alkohol sticht auch unverdünnt kaum hervor. Mit ein paar Tropfen Wasser wird der Rauch etwas fetter und im Hintergrund ist süßer Traubenmost, vielleicht auch etwas Pflaumensaft. Mit etwas Wasser kommt mehr Süße, es kommt aber auch etwas Schärfe.

Taste

Im Mund ist der Whisky ölig und kräftig, der Alkohol ist präsent trotz einiger Tropfen Wasser, brennt und stört aber nicht. Ich bin mir immer nicht so sicher, welche Aromen der italienische Rotwein besteuert, da ist eine gewisse Trockenheit, da sind Tannine, Fruchtaromen sind eher nicht vorhanden, etwas Pflaumenmus, das aber im Hintergrund bleibt. Der Rauch ist maritim mit dem Bruichladdich-Funk, der aber auch verhalten bleibt.

Finish

Der Rauch am Gaumen ist gar nicht so qualmig und stinkig, es bleibt etwas stark gerösteter Espresso mit dunklem Nougat. Es haftet eine leichte Ingwer-Schärfe in den Wangentaschen, eine leichte, nicht unangenehme Bitterkeit, etwas Pelzigkeit, die auch Rotweine immer mal wieder hinterlassen.

Conclusion

Auf den ersten Blick ist der Whisky etwas unscheinbar, verlangt Zeit, um ihn zu entdecken. Vielleicht sind Rotwein-Reifungen insgesamt zurückhaltender als die aus Fässern mit aufgesprittetem Süßwein. Zumindest ist es kein aufgesetztes Finish, wie aus manchem seasoned (gewürztem) Sherry-Fass.

Und nebenbei erwähnt: Bei Rotwein-Finish fürchte ich mich immer vor der schweflig-seifigen Note, die für mich alles zerstört und die andere scheinbar nicht schmecken (ist das wirklich so?). Hier ist sie überhaupt nicht vorhanden und ich mag diesen Whisky mit jedem Schluck etwas mehr und bedauere, dass er mit fast 140 € jenseits meiner Komfortzone liegt. Und nein, diesmal gefällt mir das Etikett überhaupt nicht. Dafür liebe ich das Etikett des Ledaig mit den Raben aus dem nächsten Tasting (was zum Glück alles völlig nebensächlich ist …)

Sunset Isle of Mull | © Klaus Bölling, www.boelling.de

Bruichladdich Distillery

founded: 1881 | Region: Islay
Owner: Rémy Cointreau
Capacity: 2.000.000 litres

Quelle: Ingvar Ronde, Malt Whisky Yearbook 2022

Eine Distillery mit allen Geschichten über Glanz und Elend der Whiskyindustrie. Nach etlichen Besitzerwechseln wird die Brennerei 1995, damals im Besitz von Whyte & Mackay, geschlossen. Und es beginnt eine der großen Geschichten des Whiskys.

2000 kauft Murray McDavid, der unabhängige Abfüller mit Mark Reynier als einem der Investoren, die Distillery. Reynier wird der Mastermind, der die Distillery mit Jim McEwan and the late Duncan McGillivray zu neuem Leben und Glanz erweckt und mit Wine Cask Finishes und Fassexperimenten die Whiskyszene aufmischt.

Bruichladdich wird zu einem Kreativpool und entwickelt mit dem rauchigen Port Charlotte und dem noch rauchigeren Octomore neue Spezifikationen. Aber Reynier ist nicht allein, es sind weitere Investoren an Bord. Und die lecken Blut als Rémy Cointreau die Distillery 2012 kaufen möchte und die damals unglaubliche Summe von 58 Mio. Pfund auf den Tisch legt.

Die Distillery geht an den Konzern, die Geeks trauern, Reynier ist nur sehr bedingt einverstanden. Zwei Jahre später investiert er sein Geld in eine stillgelegte Guinness-Brauerei in Waterford und setzt fortan viele der auf Islay entwickelten Ideen in Irland um.

Brühler Whiskyhaus

Das Brühler Whiskyhaus ist durchaus ein eigenständiger deutscher unabhängiger Abfüller. Marco Bonn hat eigene Fässer, die in Schottland lagern und die er individuell finisht und reift. Er ist also nicht nur auf Broker angewiesen, sondern kann auf eigenen Stock zurückgreifen. Das führt zu eigenständigen und interessanten Abfüllungen, die über eine verschworene Internet-Community schnell vergriffen sind und – sicherlich auch aufgrund der eigenständigen, manchmal provokativen Label – stark gehypt werden. Gute Abfüllungen!