Edradour | aged 12 years | Caledonia Selection

Single Malt Scotch Whisky

46,0%vol. | bottled 2022 vs. 2012 | Oloroso Sherry | Distillery Bottling

un-chillfiltered

chillfiltered

natural colour

coloured

un-peated

peated

cask strength

Single Cask

Five in a Row, ein Line Up aus fünf Whiskys z. B. einer Brennerei oder mit anderer Gemeinsamkeit, die an fünf aufeinander folgenden Tagen miteinander getastet, verglichen und dann in eine Reihenfolge gebracht werden.

Vielleicht ist der Caledonia das wahre Distillery Bottling von Edradour. Der 10jährige ist mit seinen 40%vol. ja nicht wirklich interessant für die Nerds – der Caledonia mit 12 Jahren und 46%vol, die den Verzicht auf die Kühlfilterung möglich machen, ist da wesentlich authentischer. Gefärbt wird natürlich auch nicht und beides steht prominent auf der Packung. So geht das! Der Name bezieht sich auf den gleichnamigen Song von Dougie MacLean, mit dem Andrew Simington den Whisky kreiert hat. Zwischenzeitlich war der Whisky schlecht zu bekommen – momentan ist er aber scheinbar ganz gut erhältlich. 

Auf dem Etikett steht nichts zur Zusammensetzung, auf der Website verrät Edradour, dass der Caledonia zunächst in ex-Bourbon Fässern reift und dann 4 – 5 Jahre in ex-Oloroso Fässer kommt. Glaubt man dem Youtube Kanal Whisky Tales von André Haberecht, der bei Signatory/Edradour in Pitlochry arbeitet, ist auch diese Angabe inzwischen überholt und der Caledonia erhält eine Sherry-Vollreifung. Das erklärt die Farbe der neueren Abfüllungen.

Im Mega Scotch Blind Tasting von WhiskyJason war der Caledonia nach mehreren Runden tatsächlich der Gesamtsieger. Aber kann er den Standard halten? Und wie ist das Verhältnis einer aktuellen Abfüllung zu einer Abfüllung aus 2012? Die alte Abfüllung ist zumindest deutlich heller als der recht dunkle Caledonia aus 2022.

Nosing

In der Nase hat der aktuelle Caledonia reife Fruchtnoten mit süßen Kirschen, leicht überreifen Zwetschen und getrockenten Aprikosen. Dann kommt die würzige Note mit Kräutern, dazu gemahlene Haselnüsse mit Kakao. Der Alkohol ist eingebunden, der Whisky ist in der Nase auch nicht zu süß. Trotzdem ist der Sherry sehr präsent. Die alte Abfüllung ist dagegen etwas verschlossener und weniger fruchtig, hier stehen die gemahlenen Nüsse im Vordergrund, dazu kommt etwas Bienenwachs. Dann kommen auch Früchte, ebenfalls reif, aber eher Pfirsich als Kirsche. Der Sherry ist weniger deutlich, dafür kommt der etwas harsche Edradour-Charakter mit trockenen Kräutern und Wachsigkeit besser durch.

Taste

Im Geschmack ist die 2022er Abfüllung warm und reif, da ist ein Malzbonbon mit Kirsche, Marzipan mit Pflaumenfüllung, Nougatcreme, die nicht zu süß ist und ein paar Kräuter hat. Auch hier fällt mir Estragon ein. Der Alkohol ist eingebunden und kräftig. Der mineralisch-wachsige Charakter bleibt im Hintergrund, gibt dem Whisky aber eine Basis, um ihn nicht zu süß und beliebig werden zu lassen.

Die 2012er Abfüllung ist zurückhaltender mit den Sherryaromen und bringt daher den Edradour-Charakter mehr in den Vordergrund. Trotzdem ist auch hier die reife Fruchtsüße, vielleicht etwas weniger malzig, eher Fruchtgummi mit Kirschgeschmack. Insgesamt hat die alte Abfüllung mehr Funk und Kantigkeit.

Finish

Im Nachklang wird der Caledonia trocken und belässt eine feine Mischung aus Holz und Kakao mit Malz im Mundraum. Hier unterscheidet er sich positiv von den 10jährigen aus der Un-chillfiltered Collection, deren Holz brachial und aufgesetzt wirkt. In der Abfüllung von 2012 ist im Nachklang etwas mehr Mineralität.

Conclusion

Der Caledonia ist ein toller Whisky und übertrifft die 10jährigen Abfüllungen aus der Un-Chillfiltered Collection um Längen. Er hat einfach den Vorteil, dass er aus mehreren Fässern geblendet werden kann und nicht nur auf einem überladenen Einzelfass stammt. Vor inzwischen fast 25 Jahren war Edradour eine der ersten Distilleries, die ich besucht hatte. Das war vor der Übernahme durch Andrew Symington und in Erinnerung ist mir ein auffällig mineralisch-wachsiger Charakter geblieben, der wahrscheinlich zu dem damals fragwürdigen Ruf der Whiskys beigetragen hat. Dieser Charakter, der sicherlich mit den gedrungenen Brennblasen und den Worm Tubs zusammenhängt verschwindet heute hinter dem oftmals zu überladenen Fasseinfluss auf die Abfüllungen. Beim Caledonia ist er im Hintergrund vorhanden, bei der alten Abfüllung aber wesentlich deutlicher als bei der 2022er. 

Das macht die neue Abfüllung vielleicht leichter zugänglich, sie ist mehr sherrylastig. Vielleicht ist die alte Abfüllung daher ein wenig authentischer. Die aktuelle Abfüllung könnte noch besser sein, wenn Edradour und Signatory endlich auf die klebrig-überladenen Sherryfässer verzichten würden, die sie aus irgendeiner Quelle beziehen. Aber insgesamt ist der Caledonia der Edradour, der in jede Whiskysammlung gehört. Ein leckerer, interessanter, oloroso-gereifter Whisky mit eigenständigem Charakter, ein klassischer Highland Whisky.

Beide Abfüllungen bekommen bei mir die gleiche Punktzahl, mit leichten, nostalgischen Vorteilen für die 2012er Abfüllung, die den Edradour-Charakter stärker nach vorn bringt. Viele werden das vielleicht anders sehen …

Der 12jährige Caledonia von Edradour ist ein klassischer Highland Whisky, der sich in seiner Eigenständigkeit und Qualität etwas von anderen 12jährigen Standardabfüllungen abhebt. Leider gilt das zunehmend auch beim Preis.

Trotzdem ist es ein Whisky, der zu den 50 Whiskys gehört und den ich bisher immer wieder nachgekauft habe, weil er den Charakter von Edradour meiner Meinung nach am besten herausstellt. Ein toller Whisky!

Edradour Distillery | © Klaus Bölling, www.boelling.de

Edradour Distillery

founded: 1825 | Region: Highlands
Owner: Signatory Vintage
Capacity: 260.000 litres

Quelle: Ingvar Ronde, Malt Whisky Yearbook 2024

Vor dem Boom neuer Distillerys und kleiner Craft Distillerys firmierte Edradour gern als Scotland’s smallest Distillerys. Heute ist sie einfach Scotland’s Little Gem, was angesichts der pittoresken Farmgebäude mit den roten Türen absolut wahr ist.

2002 kauft Andrew Symington vom unabhängigen Abfüller Signatory Vintage die kleine, oberhalb von Pitlochry gelegene Brennerei. Er entwickelt das Portfolio weiter, mit dem Ballechin kommt eine rauchige Variante dazu. Die Marke entwickelt sich vom Geheimtipp zu einem gefragten Produkt.

2018 eröffnet Symington Edradour 2 auf der anderen Seite des Baches, der durch das Gelände der Brennerei fließt. Die neue Distillery ist eine exakte Kopie der ursprünglichen Brennerei. So wird die Whiskymenge verdoppelt und der Charakter bleibt erhalten.

Leider führt der Boom zu knappen Vorräten und übertriebenen Preisen für die besonderen Abfüllungen. Das – und die Tendenz zu jungen Farbmonstern – zerstört den Charme dieser tollen Brennerei.