Talbeg | aged 12 years | A Dream of Scotland

49,9%vol. | Blended Malt Whisky | Bourbon & Oloroso Sherry Cask Matured | Brühler Whiskyhaus

un-chillfiltered

chillfiltered

natural colour

coloured

un-peated

peated

cask strength

Single Cask

Letzter Tag Fèis Ìle, es geht zur Diva an der Südküste. Die Distillery Ardbeg aus dem Luxuskonzern LVMH spreizt sich immer mal wieder mit absurd bepreisten Sonderabfüllungen ohne Alter und wird dafür ordentlich gedisst. Warum eigentlich? Ardbeg hat eine veritable Core Range, traut sich das Alter 5 auf die Flasche zu schreiben, färbt nicht, kühlfiltert nicht, hat im bezahlbaren Bereich hervorragende Whiskys. Da kommen die Diageos und Beam Suntorys nicht ansatzweise ran! Aber heute gibt es nicht Core Range, sondern blended Malt mit der Hälfte Ardbeg und trotzdem Hype.

Talbeg, nun ja … Dies ist eine Abfüllung des Brühler Whiskyhauses, die auch mit dem Hype um die Ardbeg Abfüllungen spielt. Talbeg ist wohl die Kombination der beiden Luxus-Whiskys von LVMH, Glenmorangie (Glen, das Tal) und Ardbeg. Die beiden Komponenten sind im Verhältnis 50:50 vermählt. Macht das Sinn, ist das ein Konzept? Warum nicht, versuchen kann man es. Zumindest ist es nicht absurder, als die Geschichten, die Ardbeg um seine seltsamen NAS-Abfüllungen zum Ardbeg Day erfindet. Aber irgendwie ist es ja auch respektabel, jungen, fragwürdig gereiften Spirit zu Phantasiepreisen auf den Markt zu bringen und damit Jahr für Jahr einen Hype zu entfachen, egal wie abfällig auch ernstzunehmende Taster die Abfüllungen bewerten. Hier haben wir zumindest eine klar deklarierte Altersangabe. Cask Strength hat die Abfüllung nicht, mit 79 € für die 0,5l Flasche war der Whisky auch nicht günstig.

Nosing

Im Nosing macht die Vermählung der beiden Brennereien auf jeden Fall Sinn, das ist eine außergewöhnliche Nase, die wenig mit der dominant maritimen Rauchigkeit der Standard-Ardbegs zu tun hat. Hier sorgt der Anteil Glenmorangie für weichere und fruchtigere Aromen, der Rauch wird gemildert, kräuterlastiger. Fast kommen Assoziationen zum Heidetorf der Orkney Whiskys auf. Hinter dem Rauch liegt eine schöne Süße mit Frucht und Vanille. Hinzu kommt die Aromatik von Menthol und Kirsch im Hustenbonbon, auch die Kräuter mit Thymian, dann übernimmt wieder der Rauch und zeigt die typisch qualmigen Aromen der Südküste Islays. Ein schönes Wechselspiel.

Taste

Im Geschmack kann der Whisky leider nicht mithalten, die vielfältigen Aromen aus dem Nosing können sich auf der Zunge nur eingeschränkt entfalten. Insbesondere fehlt hier die Glenmoangie-Komponente, ein wenig wirkt es, als sei Glenmorangie eher Verdünnung als eigenständiger Geschmacksträger. Der Ardbeg Rauch ist etwas abgeschwächt, überdeckt aber die anderen Aromen und lässt der Frucht, die als Ahnung im Hintergrund bleibt und ein weiches Mundgefühl hinterlässt, keinen Raum. Hinzu kommt im Geschmack eine Schwefelkomponente, die im Rahmen bleibt, für mich aber trotzdem störend wirkt. Die Harmonie aus dem Aroma ist auf der Zunge leider nicht vorhanden.

Finish

Der Rauch bleibt, na klar, erinnert aber ein wenig an ein schon länger erloschenes Feuer. Anfangs schwingt noch Süße mit, dann bleibt etwas feuchte Asche mit ein paar Schwefelaspekten.

Conclusion

Im Nosing ist das ein großartiger Whisky, im Mund ist es ein brauchbarer Islay-Blend, der mehr Kraft und Eigenständigkeit haben könnte. Der ist schon irgendwie gut, es bleibt aber auch Enttäuschung, denn natürlich sind die Erwartungen bei der Kombination hoch. Was auf der anderen Seite natürlich zeigt, dass die Erwartung vom Marketing-Gedöns der beiden Einzelmarken getriggert wird.

Und dann keimt die giftige Frage auf, ob es nicht Gleichwertiges in der 0,7l Flasche für die Hälfte des Preises dieser 0,5l Flasche gibt. Lässt man dieses Gift beiseite, ist es ein schöner Whisky, für die, denen Schwefel nichts ausmacht und ein interessanter Whisky für Schwefelverächter wie mich, der trotzdem nicht in die Sammlung einziehen muss. Und irgendwie macht es weder Sinn noch ist es ein Konzept, die beiden Whiskys zusammenzukippen – und genau deshalb ist es dann auch interessant und kann Ardbeg beim Fèis Ìle 2023 vertreten. Zum Trinken und Genießen greife ich dann wieder zum 10er oder zum Uigedal.

Kildalton, Isle of Islay | © Klaus Bölling, www.boelling.de

Ardbeg Distillery

founded: 1815 | Region: Islay
Owner: The Glenmorangie Co (Moët Hennessy)
Capacity: 2.400.000 litres

Quelle: Ingvar Ronde, Malt Whisky Yearbook 2023

Ardbeg ist eine der klassischen Islay Brennereien, an deren Standort bereits vor der Etablierung der jetzigen Brennerei 1815 gebrannt wurde.

1981 wurde die Brennerei geschlossen, 1989 wurde die Produktion wieder aufgenommen, um 1996 erneut zu schließen. Ein Jahr später übernimmt Glenmorangie Co die Distillery und führt sie zu neuem Ruhm.

Heute gehört sie zu den Distilleries, die mit Sonderabfüllungen einen massiven Hype auslösen und für diese Whiskys Phantasiepreise erlösen können. 2021 wurde die Produktionskapazität verdoppelt. Trotz Hype und verachtenswerten Sonderabfüllungen verfügt die Brennerei über eine ordentliche, bodenständige Core Range, was den Ärger über die Eskapaden etwas besänftigt. Allerdings ist die Schraube irgendwann überdreht …

Brühler Whiskyhaus

Das Brühler Whiskyhaus ist durchaus ein eigenständiger deutscher unabhängiger Abfüller. Marco Bonn hat eigene Fässer, die in Schottland lagern und die er individuell finisht und reift. Er ist also nicht nur auf Broker angewiesen, sondern kann auf eigenen Stock zurückgreifen. Das führt zu eigenständigen und interessanten Abfüllungen, die über eine verschworene Internet-Community schnell vergriffen sind und – sicherlich auch aufgrund der eigenständigen, manchmal provokativen Label – stark gehypt werden. Gute Abfüllungen!